Magazinarchiv: 2001

10 Jahre „Die anderen Adventssingen‘

„Woran haben Sie es gemerkt?‘ Dies war der Anfangssatz der Moderatoren, der die Stille am Anfang „… der anderen Adventssingen 2000′ brach.
Seit dem 3. Adventssonntag 1991 gibt es nun diese Reihe der anderen Adventskonzerte.

„Es begab sich im Spätsommer des Jahres 1991, dass vier Gleichgesinnte sich trafen am Tisch eines Cafes am Haidplatz in Regensburg. Dies geschah zu einer Zeit (als Helmut Kohl noch Bundeskanzler war), da die Welt wenig anders war als heute…‘

Die Initiatoren, Gottfried Schmid aus Mintraching, Wolfgang Leiß und Christiane Schmidt aus Burglengenfeld und Jürgen Zach aus Regensburg, wollten damals dem Neuen Geistlichen Lied auch die Adventszeit für Konzerte öffnen. Die Kirche St. Bonifaz wurde als Geburtskirche auserkoren. „Und so geschah es, dass vier Gruppen sich zusammen taten und den Vorläufer dieser anderen Konzerte zur Welt brachten.‘

Als 1992 die Kirche St. Josef in Reinhausen zur Heimat der „anderen Adventssingen‘ wurde, war die Grundidee schon etwas gefestigt.

Was war so anders- damals?

Entgegen den bisher bekannten Konzepten, gab man sich ein Motto, unterteilte dieses thematisch und stellte es zur musikalischen Diskussion. Die Gruppen kramen in ihrem Repertoire und suchen die Songs heraus, die ihrer Meinung nach inhaltlich dazupassen und bringen diese in einem meditativen Konzert den Zuhörern rüber. Es sollte eine große Bandbreite an Aktiven beteiligt werden: Solisten, (Jugend-) Chöre, Kinder, Bands, usw. „… die anderen Adventssingen‘ sind Benefizkonzerte, deren Erlös an einen karitativen Zweck weitergegeben wird. Organisiert wird das Ganze von der gastgebenden Pfarrei und MeV.

Wie war´s dann wirklich?

Organisatorisch? Nun gut – oft trafen wir uns zu spät. Die Zeit für die Proben reichte oft nicht. Welche Gruppen sollen spielen? Was kommt heuer aufs Plakat? Die Akustik der Kirchen war oft ein Problem: es sollte die Musik so rüber kommen, wie sie war, trotzdem sollte man die Texte verstehen; daran hatten die Baumeister der Gotteshäuser nicht gedacht! („Geht da ein Rap?‘) Die vielen Aktiven (teilweise über 100) verpflegen, ver- und entsorgen, die Kirchen waren oft kalt, da brummte es und immer „menschelte‘ es – oft waren eher die psychologischen als die musikalischen Fähigkeiten gefragt.
Mittlerweile haben sich die zuständigen Jugendbüros als Kooperationspartner bestens bewährt. Verschiedene Pfarreien bewerben sich inzwischen regelrecht als Veranstalter.

Inhaltlich?
Tja, was gut gedacht war, ging häufig unter: es wurden irgendwelche Lieder gespielt, der thematische Spagat war oft nicht mehr zu machen, ein Ausweichen auf Pop-Shanties, diverse Fremdsprachen und dann doch wieder Klassisches kamen vor. Doch es gab auch die andere Seite: neue Songs entstanden und die versteckten Advents- und Weihnachtslieder in den NGL-Sammlungen kamen zum Vorschein.

Emotional?
Die vielen positiven Rückmeldungen, Zeitungsberichte, Randerscheinungen, Erfahrungen und nicht zuletzt die vielen Zuhörer überdecken die wenigen negativen Zuschriften, Unzulänglichkeiten, Fehler und atmosphärischen Störungen, die immer vorkommen, wenn Menschen (ehrenamtlich) tätig sind. Nicht zuletzt das viele Geld, das jedes Mal zur Linderung materieller Not beigetragen hat (es konnten immer zwischen 800 und 6000 DM überwiesen werden).

Können wir zufrieden sein?

Die Entwicklung seit 1991 zeigt, dass Konzerte dieses Zuschnitts anscheinend gefragt sind. Im Jahr 2000 waren es immerhin bereits sechs Events, die mit dem gleichen Plakat beworben wurden. Das Konzept wurde auch auf die Fasten- und Passionszeit übertragen und auch das zeigt sich ein ähnlicher Trend. Eigentlich könnten wir zufrieden sein, oder?

Was braucht unsere Zeit?

Wäre da nicht der Anspruch des „anderen‘. Ich war heuer bei drei anderen Adventssingen. Die Aspekte, an denen man arbeiten muss, sind immer noch die gleichen: Thema, Liedauswahl, Technik, Akustik, Werbung, … Und: die Kirchen sind voll, die Spenden fließen, den Leuten macht es Spaß (Aktiven und Passiven). Aber – was auffällt ist, zwischen den MusikerInnen und den Zuhörern klafft ein Alterssprung von ca. 20 Jahren. Junge Leute finden sich fast keine mehr unter den Zuhörern. Das Thema in diesem Jahr hieß „Völlig anders als Erwartet‘. Es war so zu erwarten. Um das NGL bei der Bevölkerung zu verorten, sind diese Konzerte gut. Um junge Leute zu erreichen, braucht es etwas mehr.

Aber – was? Ist es der Ort:
Gotteshaus? Ist es die (trotz allem) zu brave Musik? Ist es der meditative Charakter der Konzerte? Ist es der überall zu bemerkende Werteverfall (bei der Jugend)?
Wir sollten uns darüber Gedanken machen, ob wir nicht „… die voll krassen Advents-Music-Events‘ ins Leben rufen, ob wir nicht besser mit unserer Botschaft auf die Straße gehen oder ob wir das Ganze nicht noch professioneller aufziehen und vermarkten sollten, um – ja, was zu erreichen?


Erscheinungs-Informationen

Magazin-Ausgabe: Licht im Dunkel auf Seite 2

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