Die engste Verbündete des NGLs: Die Gitarre
Von MeV-Mitglied Jürgen Zach
Ein gutes Bauchgefühl:
Geschichte
Die Gitarre in ihrer heutigen Form und Stimmung gibt es etwa seit dem 18. Jahrhundert. Nach ihrer Blütezeit im 19. Jahrhundert (wichtige Komponisten waren Mattheo Carcassi und Fernando Sor) führte das Instrument ein Schattendasein.
Erst seit der Entwicklung der elektrischen Gitarre Mitte des 20. Jahrhunderts erlebte sie eine Renaissance, die bis heute anhält. Seit mehreren Jahren ist die Gitarre an Musikschulen, bei Hobbymusikern und in der Popularmusik ein regelrechtes Boominstrument.
Typen, Aufbau und Stimmung
Dabei unterscheidet man akustische Instrumente wie die Konzertgitarre (Nylonsaiten), die Wandergitarre (Stahlsaiten), Westerngitarre (Stahlsaiten, 6-, 12-saitig) und E-Gitarren (Semiakustik und Solidbody mit Stahlsaiten).
Akustische Gitarren sind aus Holz gebaut und übertragen die Schwingung der Saite über einen eigenen Resonanzkörper, der sie auch verstärkt. Man muss deshalb berücksichtigen, dass die Akustikgitarre, wenn sie nicht elektronisch verstärkt wird, nur eine begrenzte Lautstärke erreicht.
Bei den elektrischen Gitarren wird die Saitenschwingung von Tonabnehmern abgenommen und über die Lautsprecher eines Verstärkers wiedergegeben.
Die Gitarre ist ein Saiteninstrument mit sechs Saiten und transponiert, d.h. sie wird eine Oktave höher notiert als sie klingt. Die Saiten sind gestimmt auf: E, A D, g, h, e´. Je nach Typ und Bauweise variiert der Tonumfang von Gitarren. Eine normale klassische Gitarre hat 19 Bünde, während es mittlerweile E-Gitarren mit 24 Bünden gibt. Gitarristen spielen mit den Fingern oder mit einem Plektrum.
Notation
Das Instrument wird im Violinschlüssel notiert.
Eine Spezialnotation, und weit älter, ist die Tabulatur- Notation. Sie geht auf die Lautenmusik der Renaissance zurück, ist schnell zu erlernen und bildet das Gitarrenspiel logisch und eindeutig ab (Linien= Saiten, Zahl = Bund). Auch Rhythmus- und Zupfmuster sind so eindeutig wiederzugeben. Während klassische Gitarrenstücke bevorzugt in Noten angeboten werden, ist die Tabulatur eher für Musik aus den Bereichen Rock, Pop und Folk populär.
In den verschiedenen Liederbüchern hat sich aber, der Einfachheit halber, die Akkordsymbolschreibweise im Leadsheet etabliert: Großbuchstabe für Dur-Dreiklang, Mollakkorde als Kleinbuchstabe (oft mit einem kleinen m), Veränderungen als Zusätze (meist als Zahlen), andere Basstöne hinter einen Schrägstrich (Slash-Akkorde) notiert. Gitarristen haben dann die Möglichkeit, die Griffbilder der Akkorde und den Rhythmus selbst zu wählen.
Spieltechniken
Die Anschlagshand, bei Rechtshändern ist es die rechte, ist die „führende“ Hand. Sie gibt oftmals Rhythmus und Geschwindigkeit vor und produziert die Töne durch Anschlagen der Saiten. Generell lassen sich für die Anschlagshand die Spieltechniken Zupfen (engl. picking), Schlagen (engl. strumming), Dämpfen (engl. muting) und perkussive Effekte definieren.
Lange Zeit war die Gitarre das typische Rhythmusinstrument, mit der „Akkorde geschrubbt“ wurden. Das ist auch jetzt in der Songbegleitung (Strumming) noch so. SängerInnen erhalten in der Gitarrenbegleitung zeitgleich ein Harmoniegerüst und eine rhythmische Grundlage.
In der Blues- und Folkmusik und der Singer-Songwriter-Szene ist die Technik des Folk-Picking beheimatet. Eine Weiterentwicklung davon ist die Fingerstyle-Techink, bei der die Gitarre auch als Soloinstrument zum Zuge kommt: die Melodie eines Songs ist in die Begleitung eingebettet. (Die Finger der Anschlagshand werden mit p-pulgar oder pollex (Daumen), i-index (Zeigefinger), m-medias oder medius (Mittelfinger), a-anular(ius) (Ringfinger) und e-menique (Kleiner Finger) bezeichnet.)
Bei E-Gitarren gibt es mehrere Spezifikationen. Besondere Erwähnung verdient hier die Powerchord-Begleitung. Der Powerchord ist ein Akkord ohne Terz (nur Grundton und Quinte, Notation z.B. A5). Er kommt in nahezu allen Rocktiteln zum Einsatz und entwickelt, da er v.a. in den tiefen Lagen gespielt wird, mehr Druck ohne das Arrangement undurchsichtig zu machen. Gerne setzen Gitarristen dabei die Technik des Palm Mute ein (Dämpfen der Saiten mit dem Handballen der Schlaghand).
E-Gitarren versetzen Gitarristen auch in die Lage Melodien und Soli zu spielen, da die Lautstärke und die Klangdauer des Tones erhöht werden können. Zusätzlich bekommen Techniken der Greifhand wie Bending (Verziehen der Saite), Slide (Gleiten in den Zielton), Hammer On (Aufschlagen auf die klingende Saite), Pull Off (Wegziehen von der klingen Saite) eine größere Bedeutung.
Große Bedeutung kommt bei verstärkten Gitarren dem Sound zu. Man unterscheidet prinzipiell zwischen unverzerrten (clean) und verzerrten Sounds und einer Unzahl von Effekten. Hier scheiden sich Geister und Geschmäcker. Die Soundfrage muss für jedes Musikstück gesondert beantwortet werden.
Vorteile der Gitarre
Die Beliebtheit der Gitarre liegt sicher im problemlosen Handling. Im Gegensatz zum Klavier kann mit der Gitarre ein vollwertiges Harmonie- und Begleitinstrument von jedem überallhin mitgenommen werden.
Die Kosten für eine solide klassische Gitarre halten sich in überschaubaren Grenzen (mit Instrumenten ab 200 Euro kann man für den Anfang ganz gut leben).
Die Gitarre ist vielseitig, das Erlernen der Grundlagen (offene Griffe und einfache Rhythmen) ist relativ einfach und erfordert keine Notenerkenntnisse.
Die Gitarre ist ein Gruppeninstrument und kompatibel zu fast allen Instrumenten. Es ermöglicht problemlos den Umstieg auf Bass (allerdings ist ein Gitarrist noch kein Bassist). Wer Gitarre spielt kann sich selbst oder andere beim Singen gut begleiten und, da örtlich nicht gebunden, auch animatorisch unterwegs sein („Lagerfeuerinstrument“).
Im Gegensatz zu anderen Instrumenten sind Musikstücke auf der Gitarre leicht zutransponieren.
Es gibt eine enorme Vielfalt an spezieller Gitarrenliteratur (von klassischer Musik bis zum Songbook), viele Liederbücher passen die Songs nicht einer optimalen Singlage an, sondern oft einer auch für Anfänger spielbaren Gitarrenbegleitung (was dem Lied nicht immer zum Vorteil gereicht).
Einsatzmöglichkeiten und Grenzen
Die Möglichkeiten eines Instruments hängen prinzipiell v.a. auch damit zusammen, wie gut jemand das Instrument beherrscht und wie virtuos sie oder er zu spielen vermag.
Mit der Gitarre ist es möglich, unabhängig von der Musikrichtung solistisch brillante Musik zu machen, allerdings ist dazu ein gehobenes Maß an Können notwendig.
Viel mehr hat sich das Instrument in der musikalischen Breite als Begleit- und Rhythmusinstrument bei der Liedbegleitung durchgesetzt. Hier liegt auch im NGL-Einsatz das Hauptgewicht. Ausgehend vom Leadsheet kann ein Song frei interpretiert werden; sowohl in der harmonischen als auch in der rhythmischen Ausgestaltung: Schlagen, Zupfen, Dämpfen.
In der Arbeit mit (Jugend-)Gruppen hat die Gitarrenbegleitung einen nicht zu schlagenden Erfolg. Egal ob auf einer Berghütte, bei Feiern, auf der Clubbühne, in der Gruppenstunde, der Chorprobe oder in der Kirche: die Gitarre ist mobil, sie glänzt durch eine authentische stilistische Vielfalt (von Walzer bis Punkrock), die Spielweise lässt den richtigen Groove zu und legt auch harmonisch eine tragfähige Basis. Als Führungsinstrument für größere Gruppen und Ensembles ist sie unverstärkt wegen der eingeschränkten Lautstärke allerdings nur bedingt geeignet. Auch ist sie kein Satzinstrument.
Nicht unerwähnt soll sie allerdings im Bandeinsatz bleiben. Hier kommt durch die enorme Breite an Effekten und erweiterten Tonumfang von E-Gitarren auch das Talent als Soloinstrument zum Vorschein. Wer kennt nicht die Klangfarben der Jazz-, Blues und Rockmusik.
NGL-Einsatz
Wie so oft bei Neuen Geistlichen Liedern spielen Kirchenraum und Akustik dem authentischen Einsatz von Instrumenten und der manchmal erforderlichen Lautstärke einen Streich. Satte Bässe, pulsierende Beats, jaulende Gitarren – unabhängig von inhaltlichen und musikalischen Spezifitäten und Ressentiments – sind in den allermeisten Gotteshäusern völlig deplaziert.
Eine der besseren Hörbarkeit wegen verstärkte Gitarre als Begleitung des Chors, eine in den guten Bandsound eingebundene verzerrte E-Gitarre, meditativ interpretierte Instrumentalstücke oder die groovig gespielte Rhythmusgitarre sind das, was gute NGL-Begleitung ausmacht. Wenn mehrere Gitarristen gleichzeitig spielen, sollten sie des Arrangements wegen nicht das Gleiche spielen (schlimmer als eine Gitarre sind: …? – Richtig: Zwei Querflöten – alter Witz). Durch das Lagenspiel, verschiedene Griffvarianten oder „single note comping“ stehen ja viele Möglichkeiten offen.
Das betrifft auch die rhythmische Gestaltung. Nicht immer ist ein komplizierter Rhythmus dem Charakter des Textes und des Liedes zuträglich. Oft leiden Interpretationen darunter, dass das, was ein Lied inhaltlich und musikalisch eigentlich aussagen will, auf Gedeih und Verderb der (fehlenden oder virtuosen) Spieltechnik geopfert wird.
Nervig ist auch, wenn Lieder darunter leiden müssen, dass der Saitendompteur nur diesen einen Rhythmus kann, den er von „Laudato si“ bis „Country Roads“ spielt. Diese Defizite auszumerzen und eine neue Faszination von Gitarre zu eröffnen, haben sich die Gitarren-Crash-Kurse von MeV zur Aufgabe gemacht.
Tipps zum Kauf
(aus Jürgen Kumlehn: Das neue Gitarrenbuch)
Falls du keine sehr hohen Ansprüche an dein späteres Gitarrenspiel stellst, solltest du für den Anfang nicht unbedingt die teuerste Gitarre kaufen. Das bedeutet natürlich nicht, dass du dir ein schrottreifes Instrument andrehen lassen sollst. Wenn du absolut sicher bist, dass du musikalisch ernsthaft weiterkommen willst, dann kannst du natürlich auch mehr Geld in ein teureres Instrument investieren.
Folgendes solltest du beim Kauf einer Gitarre beachten, egal wie teuer:
• Der Gitarrenhals darf nicht krumm sein, weder in Längsrichtung noch quer in sich verwrungen (vertwistet). Ein einstellbarer Stahlstab (engl. Truss Rod) bei Stahlsaitengitarren zum Justieren des Halses sollte vorhanden sein.
• Die Gitarre muss oktavrein und natürlich bundrein sein.
• Die Bünde dürfen keine scharfen Kanten und keine Dellen in der Oberfläche besitzen; sie sollten glatt poliert sein.
• Die Wirbel müssen gleichmäßig und geschmeidig zu drehen sein.
• Das Holz und der Lack dürfen keine Risse haben.
• Die Saitenlage, also der Abstand der Saiten zu den Bünden, sollte möglichst niedrig sein. damit das Spielen nicht zu anstrengend wird und du die Lust verlierst. Dabei dürfen die Saiten beim leichten Anschlagen trotzdem nicht an den Bünden schnarren. Ein gerader Hals und eine gleichmäßige Höhe der Bünde sind die beste Voraussetzung hierfür.
• Die aufgezogenen Saiten selbst sollten nicht schon total abgespielt sein, falls ja – einen neuen Satz wünschen. Den gibt’s in freundlichen Musikgeschäften ohnehin dazu.
• Bei einer Akustikgitarre immer einen passenden Koffer dazunehmen, für eine E-Gitarre ist ein gutes Gigbag (gepolsterte Tasche) auch okay.
Beim E-Gitarrenkauf zusätzlich beachten:
• Die Tonabnehmer sollten auch bei größeren Lautstärken nicht pfeifen.
• Die Elektrik muss okay sein, keine kratzenden Regler, Klinkenbuchsen oder Schalter mit Wackelkontakt usw.
• Die Elektrik muss gut abgeschirmt sein, um Störeinflüsse fernzuhalten.
• Die Brücke (Bridge) muss eine gute Einstellbarkeit der Oktavreinheit gewährleisten. Bei Vibratosystemen ist die Stimmstabilität sehr wichtig, nach heftigem Gebrauch des Hebels sollte die Stimmung also noch okay sein. Der Vibratohebel selbst darf nicht schlackern. Die Finetuner müssen genau wie die Wirbel weich und gleichmäßig arbeiten.
• Die Brücke muss sicher im Korpus verankert sein, um eine gute Tonübertragung herzustellen.
Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kommt das Wichtigste:
Die Gitarre muss dir gefallen! Sie soll für deine Ohren gut klingen. Du solltest auf Anhieb gut darauf spielen können und dich damit wohlfühlen.
Du kennst bestimmt das Gefühl, wenn dir ein Paar neue Schuhe wie angegossen passen. So ein Gefühl solltest du bei deinem neuen Instrument haben, das wäre optimal.
Der Klang einer Gitarre ist natürlich dem Geschmack des Einzelnen überlassen. Das Beste, was du tun kannst, ist beim Kauf einfach jemanden mitzunehmen, der wirklich Ahnung von Gitarren hat und selbst gut spielen kann. Damit verhinderst du, dass dir möglicherweise irgendein Ladenhüter aufgeschwatzt wird, über den du dich später ärgerst.
Saiten
Von jedem Satz Saiten gibt es in der Regel verschiedene Stärken, von dünn bis dick ist da alles zu haben. Wie du weißt, sind dicke Saiten schwer zu bespielen (Bendings, Barregriffe usw.), daher empfehle ich dir eine mittlere Saitenstärke für den Anfang, bis du „deine“ Saiten mit der für dich optimalen Stärke gefunden hast.
Für eine Westerngitarre empfehle ich so genannte Bronze-Stahlsaiten, die bringen einen kräftig-silbrigen Sound mit genügend Bassanteilen.
Eine Konzertgitarre darf nur mit Nylonsaiten bespannt werden. Da sie einen geringeren Zug ausüben als Stahlsaiten, verhindern sie Beschädigungen am Instrument, das ja für Nylonsaiten gebaut ist. Außerdem machen sie den für diese Gitarre so typischen Klang.
Für eine E-Gitarre kann man zwischen drei verschiedenen Sorten wählen: Ungeschliffene Saiten (Roundwound) kannst du für alle E-Gitarren und Musikstile verwenden. Falls du Probleme mit Griffgeräuschen hast, können die so genannten Halfround-Saiten Abhilfe schaffen. Sie sind leicht angeschliffen und haben eine glattere Oberfläche, klingen aber eher dumpfer.
Falls du puren Jazz im ursprünglichen Sinn anstrebst und eine dicke Jazzgitarre besitzt, probier mal mit geschliffenen Saiten zu spielen, die mit Flachdraht umwickelt sind. Sie tragen zu dem typischen warmen Ton bei, lassen sich aber nur schwer ziehen (Bendings).
Generell kann man sagen: Je dicker die Saiten sind, desto kräftiger und voller ist der Ton.
Ein problemloses Bending ist – mit etwas Übung – bis zu einer Saitenstärke 0.10“ – 0.46“ gut möglich, denke ich.
Zubehör
• Gigbag oder Koffer
• Stimmgerät (Tuner)
• Ständer
• Kapodaster
• Saiten
• Plektrum
• Effektgeräte
• Verstärker (Amp)