Wir waren gespannt, wie das neue Konzept „Spiritualität und Musik‘ unseres Ensembles Entzücklika ankommen würde. Und wir erlebten große Überraschungen.
Äußerlich sah unser Workshop zwar immer noch aus, wie ein Sing- und Gitarre-workshop und die überwiegende Motivation der meist weiblichen Teilnehmer war es eine „Auszeit‘ von Beruf oder Familie zu nehmen. Aber dann waren es eben doch die Texte von Alexander Bayer, die für Muttertag ausgewählt, zunehmend in den Mittelpunkt der Gespräche rückten. Das war auch möglich, weil Entzücklika den sonstigen Stressfaktor (abschließend einen öffentlichen Gottesdienst gestalten) gemindert hat, zugunsten einer religiösen Muttertagsmatinee (in die sich der Workshopchor einklinkt). Das barocke Ambiente, Gitarren-Spielen unter riesigen Fliederbüschen, der Frühling mit seinen Sonnenbränden und die Tisch-Gespräche hinterließen bei den Teilnehmern Intensivurlaubseindrücke. Und trotz weniger Stress wurde mehr gesungen denn je. Besonders die angereisten Gruppen Vox (Westerheim) und „Zupf und Xang‘ (Westerhofen) waren energiegeladene Ohrensalber.
Auffallend, und das ist ein wichtiger Hinweis für die Arbeit von Music e vita, dass der Workshop ein Auffangbecken bildete für Menschen, die gleichermaßen kirchlich engagiert als auch resigniert waren. Selbst Konfessionslose nahmen teil, die überhaupt keine Probleme mit der eigentlich religiös verorteten Sprache Entzücklikas hatten. Der Altersdurchschnitt war außergewöhnlich hoch, was wohl auch mit dem Preis zu tun hat. Obermarchtaler Workshops kosten deutlich mehr als übliche Workshops dieser Art, dennoch fanden alle Teilnehmer, dass der Preis nicht nur stimme, sondern ausgesprochen günstig sei. Außerdem eignen sich Entzücklika-Workshops als hervorragende Muttertags-, Weihnachts-, Oster- oder Geburtstagsgeschenke (Weitersagen!!!)
Vielleicht ist was dran an der Beobachtung von Prämonstratenser-Pater Roman aus Roggenburg, dass Entzücklika besonders die Generation anspricht, die mit Jugendgottesdiensten groß geworden ist, und nach solchen Gottesdiensten sucht, aber sie nicht mehr findet oder „machen‘ kann und für die die traditionellen Formen aber nicht in Frage kommen. Das wäre ein wichtiger Hinweis, dass es dabei nicht nur in erster Linie um die Musik geht (denn die hat sich ja erheblich gewandelt), sondern um die (nach vorne offenen) Inhalte, die sie transportiert. Das sollte sich in Zeiten, da sich die Gottesdienstlandschaft erheblich verändert, zu einem neuen Selbstbewußtsein auf diesem Gebiet anregen.
Bernhard Lämmle