Magazinarchiv: 2007

Interview mit Martin Göth

Zum Tod von Rolf Krenzer


Der Passauer Diplomtheologe Martin Göth, ein ehemaliger Schüler der Regensburger Domspatzen, ist besonders durch seine Vertonung von geistlichen Liedern, Kindermusicals und Kinderliedern bekannt geworden. In der Zusammenarbeit mit Rolf Krenzer sind zum Beispiel Lieder und CDs zu den großen Büchern von den kleinen Ägyptern, Wikingern und Rittern entstanden.
Liedtitel sind etwa: ‚Schau, ich radel mit dem Radel‘, ‚Sag, bist du ein Engel?‘ , ‚Fritz, der Fink‘, ‚Gibt einer dem andern von dem, was er hat‘. Neben zahlreichen musikalischen Weihnachts- und Krippenspielen hat Göth ein Musical über Moses geschrieben.Viel beachtet und oft aufgeführt sein Musikspiel ‚Jesus, Freund der Kinder‘ (Lahnverlag).

Interview mit Martin Göth

Red: Wie hast du Rolf Krenzer kennen gelernt?

1991 hielt Rolf Krenzer in unserer Diözese ein Seminar für Erzieher/innen. Da habe ich mich angemeldet und als Kursteilnehmer mitgemacht. Ich war dann auch voll Begeisterung mit dabei. Auf dem Seminar habe ich ihn gefragt, ob er mir ein paar Texte zu einem Krippenspiel senden könnte. Einige Tage später erhielt ich die Texte zum Mitmachsingspiel ‚David, der kleine Hirtenjunge‘. Mit großer Freude habe ich sie einige Tage später vertont. Und seit dieser Zeit spiele ich mit der Gruppe Shalom jedes Jahr im Advent an Schulen und Kindergärten dieses weihnachtliche Singspiel. In den darauf folgenden Jahren sind viele Produktionen mit Rolf Krenzer, die in verschiedenen Verlagen veröffentlicht wurden, gefolgt.

Erinnerst du dich an einen gemeinsamen Restaurantbesuch?

Nicht nur an einen. Ich war mit Rolf einige Male on tour. Da habe ich ihn am Klavier begleitet und wir haben mit 300 – 800 Erzieher/innen, Lehrer/innen und Kinderchorleiterinnen zu verschiedenen Themen Seminare gehalten. Auf diesen Tourneen war ich mit ihm öfter in Restaurants. Viele lustige, aber auch tiefgehende Gespräche über Gott und die Welt durfte ich da mit ihm führen.

Du bist mit ihm gemeinsam aufgetreten. Wie hast du Rolf erlebt?

Als liebevollen, Mut machenden Seminarleiter. Einer seiner Lieblingssprüche war: ‚Sie müssen nicht unbedingt richtig singen. Hauptsache sie singen laut und voller Freude.‘ Und die Erzieher/innen und Kinderpfleger/ innen haben wirklich kräftig mitgesungen. Einmal sagte eine junge Frau nach so einem Seminar: ‚Ich habe gar nicht gewusst, dass ich singen kann.‘

Ein anderes Mal hat Rolf erzählt: Er hatte Fortbildung. Da wollte er mit den Kindergärtnerinnen das Lied ‚Fritz, der Fink‘ einstudieren. Dazu brauchte er einen Mann, der den Fritz spielt. Er erzählte, dass bei dem Seminar nur ein Mann dabei war. Der saß ganz hinten. Den holte er vor und der Mann spielte voll Freude den Fritz, den Fink. Am Ende
des Liedes bedankte sich Rolf Krenzer und wollte wissen, in welchem Kindergarten er denn arbeiten würde. Da meinte der Mann ganz trocken: Ich bin der Busfahrer. Freude hatte er trotzdem an seinem Finken-Auftritt.

Was hat dir Rolf an Erfahrung mitgegeben?

Vor allem die Freude am Leben. Eines seiner Lieblingswörter war das Wort: ‚Wunderbar‘. Rolf konnte staunen, sich freuen, sich ganz auf das Leben, auf das Hier und Jetzt einlassen. Und dem anderen vermitteln:
Du bist ‚wunderbar‘, so wie du bist. Er war auch ein großer Gönner, der mit den verschiedensten Komponisten zusammengearbeitet hat: Peter Janssens, Detlev Jöcker, Siegfried Fietz, Ludger Edelkötter um nur einige zu nennen. Ich persönlich bin sehr dankbar und froh, dass ich Rolf Krenzer kennen lernen durfte und mit ihm zusammenarbeiten durfte.

Flossen/Fließen deine Erfahrungen mit Rolf ein in deine jetzige berufliche Arbeit als Sektenexperte?

Als Sektenextperte weniger. Mehr bei meinen Fortbildungen und Seminaren als Komponist und Musiker und natürlich bei meinen Live-Auftritten an Grund- und Förderschulen, sowie an Kindergärten, Pfarrfesten usw. Da denke ich oft an Rolfs herzliche Art, seine Spontaneität und sein Eingehen auf das jeweilige Publikum. Da durfte ich vieles von ihm
lernen.

Gab es eine Vertonung von dir, die Rolf besonders mochte?

Besonders geliebt hat Rolf unser gemeinsames Zirkuslied,
‚Lacht der kleine Clown,
dann schenkt er Dir sein Lachen.
Das kann so fröhlich machen:
Das Lachen, das Lachen!
Du musst dich nur getraun,
so wie der kleine Clown.
Nur Mut, nur Mut!
Es tut so gut,
das Lachen, das Lachen;
du musst dich nur getraun,
so wie der kleine Clown.‘

Als wir es bei einem Auftritt in der Fürther Stadthalle gemeinsam gesungen haben, hatte er sogar ein paar Tränen in den Augen, so gerührt war er, dass er ein paar Takte mit Singen aussetzen musste. Dann hat er immer gerne bei seinen Fortbildungen das lustige Lied ‚Hat das Huhn Margarethe Geburtstag‘ gesungen. Und wenn er weihnachtliche Seminarthemen hatte, dann durfte die ‚Carolina Ofenblech‘ nicht fehlen, so erzählten mir es die Kindergärtnerinnen.
Oder auch ‚Der Regenwurm Cornelius Stumm‘. Es gab da einiges, was Rolf gerne mochte.

Grundsätzlich war es so, dass, wenn ich Texte von ihm vertont hatte, dann wollte er eine Kassette mit den Liedern. Ich schickte ihm die Lieder ganz einfach mit Klavier und Gesang aufgenommen. Und jedes Mal hatte er 2 – 3 Lieblingslieder. Das war dann immer schön, wenn er angerufen hat und begeistert war von den Liedern.
Das hat mich sehr gefreut, wenn ich die Melodien so getroffen hatte, dass sie ihm gefielen und er sagte, dass er es sich genau so vorgestellt hat.

Welches war das interessanteste, oder spannendste gemeinsame Projekt? Wie kam es dazu? Welche Hürden,
Umwege, Aha-Erlebnisse gab es?

Das interessanteste Projekt war ein großes Musical, das ich mit Rolf auf die Beine gestellt habe: ‚Moses‘.
Bei diesem Musical für Jugendliche und Erwachsene waren damals an die 100 Mitwirkenden dabei. Es wurde in unserer Diözese Passau mit großem Erfolg einige Male aufgeführt. Von einer phantastischen Band angefangen, tollen Sänger/innen und Schauspielern, bis hin zu einer gigantischen Lichtshow und Bühnenbild. Da haben wir lange hingeprobt.
Aber die Mühen haben sich echt gelohnt. Freuen würde ich mich, wenn es mal wieder irgendwo zur Aufführung käme.

Ja – und dann denke ich noch gerne an die Produktion ‚Kuschel-, Schlaf- und Schlummerlieder‘.
Meine Zwillinge waren damals geboren. Ich sang ihnen kleine Lieder zum Einschlafen vor. Da hatte ich die Idee, eine CD zu machen. Ich rief bei Rolf am Spätnachmittag an, ob er ein paar Einschlaflieder für ganz kleine Kinder texten könne. Am nächsten Vormittag kamen per Fax 16 Lieder. Noch während das Fax lief war das 1. Lied bereits vertont. Am Nachmittag faxte Ich Rolf sämtliche Lieder mit Noten zurück. Das war die schnellste Produktion, die wir gemacht haben. Man kann sagen in 24 Stunden.

Schöne Produktionen und Projekte waren auch immer die Weihnachtsmusicals: ‚Was macht die Maus im Krippenstroh‘, ‚Geht ein Leuchten durch die Zeit‘, ‚Auf dem Weg nach Bethlehem‘. Nachdem wir diese fertig gestellt haben führten wir sie gemeinsam im Advent im Ludwig Windhorst-Haus in Lingen auf.

Das waren tolle Uraufführungen. Am Freitagabend kamen die Familien angereist, am Samstag wurde geprobt und Sonntag gab es die Aufführung. Das war immer spannend, ob auch alles klappt. Und grundsätzlich war die Generalprobe am Samstagabend eine kleine Katastrophe. Da waren vor allem die kleinen Kinder von den Tagesanstrengungen kaputt. Aber am Sonntag waren die Kinder und Eltern – ca. 130 Mitwirkende, im Orchester, Chor, Darsteller, Beleuchter, Bühnenbildner – immer hoch konzentriert und die Aufführung klappte vorzüglich. Das Publikum und die Presse waren begeistert.

Wie haben deine Kinder Rolf erlebt?

Zweimal war Rolf mit seiner Frau in Passau. Da waren wir gemeinsam beim Essen. Ansonsten hat Rolf bei den Weihnachtsgrüßen immer Kindgemäßes mitgeschickt, Bilderbücher oder so. Da haben sich meine Kinder sehr gefreut. Und Sarah, David, Mirjam und Kokila (=Adoptivkind aus Indien) haben auch bei etlichen Krenzer-Lieder-Produktionen im Tonstudio mitgesungen. Da haben sie seine Texte erlebt. Man kann sagen, dass sie ihn sehr gern mochten.

Du hast mit Rolf in den letzten Tagen noch kommuniziert.

Kannst du uns etwas erzählen, vom Anlass und von den Umständen?

Ja, in den letzten Monaten habe ich mit Rolf an einer Krippenspielbuch-Produktion gearbeitet. Diese wird im Herbst im Don Bosco Verlag erscheinen mit dem Titel: ‚Lasst uns gehen nach Bethlehem.‘
Kurz bevor er Anfang/Mitte März ins Krankenhaus kam, habe ich noch länger mit ihm telefoniert. Der Verlag wollte noch ein paar weihnachtliche Texte, Geschichten und Gedichte zur Auflockerung ins Buch mit einbauen. Also habe ich Rolf angerufen und am nächsten Tag waren die Texte per Email da.
Einen Tag bevor er ins Krankenhaus ging habe ich das Skript an den Verlag geschickt. Anschließend habe ich mit ihm noch einmal telefoniert, um mir ein paar Tipps geben zu lassen für eine Fortbildung.
Auch hier hat er mir wertvolle Anregungen gegeben und gesagt: ‚Dort sind lauter nette Leute‘. Das hab ich den Lehrer/innen dann auch gesagt. Sie kannten Rolf Krenzer, da er oft bei ihnen war. Und sie haben mir aufgetragen, Rolf ganz lieb zu grüßen. Da hab ich dann das letzte mal mit Rolf telefoniert und es hat ihn sichtlich gefreut, dass er bei den Pädagogen so präsent ist …
Ein paar Tage nach diesen Telefonaten ging er ins Krankenhaus. Er hatte Wasser in der Lunge. Aber die Ärzte, so erzählte mir seine Frau, waren recht zuversichtlich. Umso größer war meine Betroffenheit, als mir seine Frau mitteilte, dass Rolf gestorben ist.

Gibt es unter den letzten Texten welche, in denen Rolf etwas durchblicken lässt von seinem nahenden Tod, gab
es etwas Irritierendes?

Nein. Wie schon gesagt war seine Frau bester Hoffnung, dass Rolf wieder vom Krankenhaus nach Hause kommen würde. Wir waren alle sehr bestürzt, dass er dann gestorben ist.

Wie wirst du Rolf in Erinnerung behalten? Wie wirst du ihm künftig gedenken wollen?

Ich werde ihn als liebevollen, väterlichen Freund in bester Erinnerung behalten. In meinem Herzen hat er einen wichtigen Platz. Ich war zweimal ein paar Tage bei ihm zu Hause und ich muss sagen, so eine herzliche Gastfreundlichkeit wie bei Rolf und Dagmar habe ich nur selten in meinem Leben erlebt.
Auch mit persönlichen Schwierigkeiten konnte ich mich an ihn wenden. Da hat er mir so manches Mal sehr geholfen. So was vergisst man nicht.
Und vor allem auch die Gespräche auf den langen Autofahrten, als wir auf Tour waren. Und die gemeinsamen
Auftritte. Das wird mir in sehr guter, lebendiger Erinnerung bleiben.

Als am 22. März die Beerdigung in seiner Heimatstadt Dillenburg war, war ich zeitgleich in Ortenburg in der Kirche und habe sein Lieblingsliedlied (Musik: Peter Janssens) ‚Ein bunter Regenbogen ist übers Land gezogen‘ ganz alleine in der der halligen Kirche gesungen.
Als der letzte Ton verklungen war, ging plötzlich die komplette Kirchenbeleuchtung an und tauchte die Kirche in helles Licht. Für mich war das so ein kleines Augenzwinkern von Rolf, als wollte er mir sagen: Ich bin jetzt bei Gott und liebevolles Licht umgibt mich.
Dies hat er in einigen seiner Texte auch geschrieben.

Ich denke da an das wunderschöne Lied: Da heißt es in der 1. Strophe:
‚Es geht ein Weinen um die Welt, denn Jesus lebt nicht mehr. Es geht ein Weinen um die Welt, uns ist das Herz so schwer. Am Kreuz ist er gestorben, und wir sind so allein‘ Und in der 4. Strophe wird aus dem ‚Weinen‘, aus dem ‚Trauern‘ das ‚Freuen‘:
‚Es geht ein Freuen um die Welt, schaut her, das Grab ist leer. Es geht ein Freuen um die Welt und es wird immer mehr. Gott ließ ihn auferstehen. Kommt her und weint nicht mehr.‘
(Aus: Auf einmal ist der Frühling da – Auer-Verlag)

Ich glaube, das wollte er mir, das wollte er uns sagen: ‚Weint nicht um mich. Mir geht es gut.‘
Übrigens, einige Minuten nachdem das Licht angegangen war, kam der Mesner aus der Sakristei. Er hatte die Lichter angeschaltet, weil auch in Ortenburg um 14.00 Uhr Gottesdienst war. Aber mich hat dieses Erlebnis tief bewegt.

Denken werde ich fast täglich an ihn, da ich seine Sterbeanzeige in meiner Bibel habe, in der ich jeden Tag lese. Und natürlich, wenn ich seine Lieder singe.
In seinen Texten, Geschichten und Liedern lebt er weiter, ist er auch weiterhin hier bei uns.


Erscheinungs-Informationen

Magazin-Ausgabe: Rolf Krenzer ist tot auf Seite 10

Sofern nicht anders vermerkt: © Musica e Vita e.V.