Von Richard Mailänder und Hein Ulrich Röder
Aufführungsrechte – Vervielfältigungsschutz – Urheberrechte für den juristischen Laien zumeist Begriffe, mit denen er nicht viel verbinden kann. Dennoch ist das Gebiet des Aufführungs- und Urheberrechts auch für die kirchenmusikalische Arbeit von hoher Relevanz – gerade und auch im nebenberuflichen Bereich. In manche „Falle‘ kann man tappen, wenn man einschlägige Vorschriften nicht beachtet.
Der folgende Artikel – verfasst vom Kölner Diözesanmusikreferenten Richard Mailänder in Zusammenarbeit mit dem Justitiar des Erzbistums München-Freising, Dr. Hein Ulrich Röder – soll einige hilfreiche Schneisen in die komplexe Materie schlagen.
Das Urheberrechtsgesetz von 1965 wurde zwischenzeitlich mehr als zwanzigmal geändert. Den kompletten Text findet man zum Beispiel auf der Internetseite http:/transpatent.com/gesetze/ urhg.html.
Im Interesse derjenigen, die für den Bereich der Kirchenmusik schöpferisch tätig sind, sollten die Rechte des Urhebers durch alle kirchenmusikalisch tätigen Personen besonders geachtet werden.
Im Bereich der Kirchenmusik sind zwei Nutzungsrechte von besonderer praktischer Bedeutung:
– das Aufführungsrecht und
– das Vervielfältigungsrecht.
Die Nutzungsrechte für öffentliche Aufführungen von ernster Musik nimmt überwiegend die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) regelmäßig wahr.
Die Nutzungsrechte betreffend die Vervielfältigungsrechte von Noten werden von der Verwertungsgesellschaft MUSIKEDITION wahrgenommen. Diese verwaltet auch die Nutzungsrechte an der Aufführung von nachgelassenen Werken sowie wissenschaftlichen Ausgaben i.S. von §§ 70,71 UrhG.
Was ist geschützt?
Als erstes stellt sich die Frage, wofür und wie lange Urheberrechtsschutz gewährt wird. Urheberrechtlich geschützt sind alle Werke, das heißt persönlich-geistige Schöpfungen eines Komponisten oder Autors i.S. von § 2 Abs. 11 UrhG (auch Textrechte sind zu berücksichtigen) bis 70 Jahre nach seinem Tod. War in den Siebzigerjahren Max Reger, der 1916 gestorben ist, noch urheberrechtlich geschützt, so sind seine Kompositionen heute frei. Werke von Olivier Messiaen, der erst wenige Jahre tot ist, sind dagegen, selbst wenn sie um 1925 entstanden sind, heute noch geschützt. Geschützt sind auch Bearbeitungen von urheberrechtlich freien Werken, sofern diese Bearbeitung wesentlich ist (vgl. § 3 UrhG).
Darüber hinaus sind auch wissenschaftliche Ausgaben und so genannte nachgelassene Werke urheberrechtlich, grundsätzlich jedoch nur 25 Jahre, geschützt. Was sind wissenschaftliche Ausgaben?
Das Gesetz formuliert dazu, dass es sich um wissenschaftliche Ausgaben handelt, „wenn sie das Ergebnis wissenschaftlich sichtender Tätigkeit darstellen und sich wesentlich von den bisher bekannten Ausgaben der Werke oder Texte unterscheiden‘. Hier geht es also nicht um die Zufügung der einen oder anderen Akzidenzien, sondern um eine grundsätzliche Neuaufschließung eines Werkes.
Zu den nachgelassenen Werken schreibt das Urheberrechtsgesetz in § 71: „Wer ein nicht (erschienenes Werk nach Erlöschen des Urheberrechts erlaubter Weise erstmals erscheinen lässt oder erstmals öffentlicht wiedergibt, hat das ausschließende Recht, das Werk zu verwalten.
Das Gleiche gilt für nie erschienene Werke, die im Geltungsbereich dieses Gesetz niemals geschützt waren, der Urheber aber schon länger als 70 Jahre tot ist.‘
Findet man also eine Komposition von Max Reger, die bisher nicht publiziert war, und gibt sie heraus, so hat die Rechte daran der Editor. Der Sinn des Urheberrechtsgesetzes liegt nie darin, die Aufführung oder Vervielfältigung von Werken verhindern, sondern dem Urheber beziehungsweise Nutzungsberechtigten eine angemessene Vergütung für seine schöpferische Arbeit zu sichern. Nun besteht gerade im Bereich der Kirchenmusik ein großer Bedarf an Aufrührungen von geschützter Musik und Vervieltigung von Noten. Der Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) hat bereits sehr früh Verträge mit den entsprechenden Verwertungsgesellschaften, die Rechte für die Urheber entsprechend dem gesetzlichen Auftrag wahrnehmen, abgeschlossen, um die einzelnen Kirchengemeinden finanziell und verwaltungsmäßig zu entlasten.
Verträge zwischen Verwertungsgesellschaften und dem Verband der Diözesen Deutschlands (VDD)
GEMA
Durch die Verträge zwischen der GEMA und dem VDD werden drei Bereiche abgedeckt:
– Musikaufführungen anlässlich von kirchlichen Veranstaltungen, für die kein Eintritt verlangt wird und die kein Kirchenkonzert sind,
– Aufführung für die Wiedergabe beziehungsweise Aufführung von Musik in Gottesdiensten,
– Musik in Kirchenkonzerten.
Relevant für die Kirchenmusiker sind insbesondere der zweite und der dritte Bereich, die hier kurz kommentiert werden sollen.
Musik in Gottesdiensten
Mit diesem Vertrag wird die Wiedergabe (Gemeindegesang) beziehungsweise Aufführung (mehrstimmiger Chor beziehungsweise Orchester) urheberrechtlich geschützter Werke in Gottesdiensten zentral vergütet. Es brauchen keine weiteren Zahlungen von den Pfarreien geleistet werden.
Für diesen Bereich hat sich der VDD anstelle der einzelnen kirchlichen Verantwortlichen für die Wiedergabe beziehungsweise Aufführung geschützter Musik grundsätzlich zur Auskunftserteilung verpflichtet.
Wirtschaftlich vertretbar kann dies nur durch eine Repräsentativerhebung geschehen. Eine derartige Erhebung der Aufrührungen von Musik im Gottesdienst wurde 1987/88 durchgeführt. Eine Erneuerung der Daten als Grundlage für die Verteilung der zentral bezahlten Vergütung tut not. Die konkrete Verteilung beziehungsweise Auszahlung erfolgt dann entsprechend dem GEMA-internen Verteilungsschlüssel.
Kirchenkonzerte
Für den Bereich Kirchenkonzerte erlangt die GEMA die Grundlage für die Verteilung der durch den VDD bezahlten Vergütung aufgrund der gemeldeten Konzerte. Es ist deshalb dringend erforderlich, dass die Veranstalter von Kirchenkonzerten verlässlich die Programme an die zuständigen Bezirksdirektionen senden.
MUSIKEDITION
Von der VG MUSIKEDITON hat der VDD die Nutzungsrechte zur Vervielfältigung von Noten für den Gemeindegesang zentral eingekauft. Dieser Vertrag gilt zunächst bis zum 31. Dezember 2007. Leider haben die Inhaber der Nutzungsrechte am mehrstimmigen Chor und an Instrumentalwerken grundsätzlich das Recht zur Vervielfältigung verweigert. Lediglich die Anfertigung von kurzen Wendestellen aus eigenen Exemplaren ist gestattet. Vervielfältigungen für Gottesdienste mit mehr als 10.000 Teilnehmern sind speziell zu melden.
Die für den Gemeindegesang erstellten Notenkopien können gesammelt, geordnet und wiederverwendet werden. Die Anfertigung von speziellen Notenheften setzt die vorherige Einholung der entsprechenden Rechte voraus. Da die VG MUSIKEDITION schon viele derartige Rechte verwaltet, empfiehlt es sich immer, zuerst dort anzufragen.
In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass gesetzlicher Rechtsschutz nur für geschützte Werke besteht. Soweit Werke nicht (mehr) urheberrechtlich geschützt sind, können sie auch für die Zwecke der Kirchenmusik frei vervielfältigt werden.
Vertrag über wissenschaftliche Ausgaben und nachgelassene Werke
Der Vertrag, der die Berechtigung zur Wiedergabe wissenschaftlicher Ausgaben von Werken oder nachgelassener Werke einräumt, wurde von der VG MUSIKEDITION zum 31. Dezember 2002 gekündigt. Es ist offen, ob eine Fortschreibung des Vertrages gelingt, weil die VG MUSIKEDITION die Rechte in jedem Einzelfall selbst verkaufen will. Die entsprechenden erheblichen Preise der VG MUSIKEDITION sind bei der Programmplanung also in Zukunft zu berücksichtigen.
Die Darstellung konnte hier natürlich nur holzschnittartig sein. Die Tücken liegen im Detail und so sei abschließend darauf hingewiesen, dass in jedem Ordinariat/Generalvikariat der Erz-/Diözesen Deutschlands juristische Fachleute arbeiten, die im Zweifelsfalle gefragt werden sollten.
Bei Fragen oder aufgetretenen Problemen sollte immer die Bischöfliche Behörde einbezogen werden.
Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Musica Sacra. Quelle des Artikels:
„Musica sacra 5/02′ Internetadresse: http://www.musica-sacra-online.de