Lieder entzünden. Zündende Gedanken können wie Lebensmittel sein.
Für mich selber ist so ein zündendes Lied „Manchmal feiern wir mitten am Tag ein Fest der Auferstehung“. Es ist für mich mit der wichtigste Anti-Stress-Helfer.
Es spricht mich an und spricht mir zu, gerade wenn ich sprach oder hilflos werde. Es macht mir Türen auf.
Das Singen von Liedern im Gottesdienst ist eigentlich gar nicht notwendig – und ich darf gestehen, dass mir in den Gottesdiensten viel zu viel Unnötiges gesungen wird. Umso bedeutsamer ist es für mich, dass ein Lied, das im Gottesdienst „zündet“, im Alltag seine ganze Kraft zu entfalten mag.
Diese Erfahrung scheine ich mit vielen vielen Menschen zu teilen, die sich in Singgruppen, Chören und Bands engagieren oder sich darüber im Verein Musica e Vita zusammenschließen, um diese Erlebnisse miteinander zu erfahren; Ich teile sie mit Menschen, die anders als die Folkloristen darum ringen, dass die Gottesdienste relevant bleiben, in dem sie die Gebete und „An-Sprachen“ in die Sprache und die Musik von heute kleiden.
Sie schreiben selber Lieder, oder engagieren sich in Arbeitskreisen, sitzen in Jugendämtern, bei der Kirchenmusik oder in den Erwachsenenbildungseinrichtungen.
Manche setzen viel Energie und Herzblut in das Publizieren von professionell dargebotenen Notenmaterial oder in die gut durchdachte publizistische Begleitung der Gottesdienst-Musizierenden.
Nach wie vor werden beachtlich viele Lieder provoziert durch Kirchentage, Wallfahrten, neuen Formen kreativer Katechesen und Andachten (Jugendkreuzwege; alternatives Passionssingen; Hungertücher, Friedenskreuze, etc. etc.) – nicht selten steht ein Motto mit einem widerständigen biblischen Impuls Pate.
Das „Neue Geistliche Lied“ (NGL) ist gut aufgestellt – und dennoch gibt es Gemeinden, in denen diese Musik so bedeutungslos geworden zu sein scheint, wie ein katholischer Briefmarkensammelverein. Repertoire-Ermüdung, Umstrukturierung der pastoralen Räume und Milieu-Verengung scheinen eng miteinander verbunden zu sein. So fällt schnell mal ein leichtsinniger Satz wie:
„Zu diesem Thema gibt es ja keine Lieder“ oder „Im Bereich NGL tut sich nichts mehr“, das NGL habe keine Bedeutung mehr. Solche Sätze erinnern an Menschen, die am reich gedeckten Tisch verhungern, weil sie sich falsch herum auf den Stuhl gesetzt haben.
Der Tisch ist reich gedeckt, lassen wir die Augen schweifen: eine Gruppe von Ideengeber hat bei einem Treffen von Textern und Autoren* die Idee umsetzen können, einen Sampler mit NGLs auf den Weg zu bringen, der als ein musikalisches Schaufenster zeigt, was zur Zeit in der Szene so „läuft“.
Es fällt auf der CD „Liederzünden“ sofort auf, dass sich mit der Szene inzwischen viele verschiedene Namen verbinden, dass es wiedererkennbare musikalische und textliche Handschriften gibt, und dass das NGL sich nicht scheut, auch im professionellen Gewand aufzutreten; wenngleich es gar nicht zu seinem innersten Anliegen gehört, im professionellen Look aufzutreten, weil es in seiner tiefsten Absicht eine Musik sein will, die reproduzierbar und nicht nur konsumierbar sein will. Der professionelle Sound als Merkmal der CD „verzerrt“ also ein wenig die Wahrnehmung der Szene (das kann man emotionslos aussprechen); es war in der Konzeption der CD ausdrücklich gewünscht, dass auf dieser CD hochwertige Studioproduktionen versammelt werden; so bleiben viele viele andere gute und wichtige Lieder, die ebenso unbedingt auf dieser CD hätten sein müssen, hier unberücksichtigt.
Nachdem ein Team unter dem Dach der Arbeitsstelle für Jugendseelsorge und der TVD-Verlag in Düsseldorf die Konzeption und Durchführung der CD in die Hand genommen hatten, konnte ich den Vorstand des Vereines Musica e Vita dafür gewinnen, die Notenausgabe für dieses Projekt in die Hand zu nehmen. Nicht zuletzt war die große Resonanz auf die CD gleich nach ihrem Erscheinen, ein weiterer wichtiger Motor für dieses Heft.
Dieses Heft ist weniger ein Dokument kaufmännischem Geschicks als vielmehr großem ehrenamtlichen Engagements von Seiten der Autoren, der Korrekturleser und des Vereins Musica e Vita, der ganz im Sinne seines Selbstverständnisses die Infrastruktur für dieses Heft zu Verfügung gestellt hat.
Wenn wir nämlich im Bild des reich gedeckten Tisches bleiben:
Zum Essen gehört auch ein gutes Besteck – und mit dem Verein Musica e Vita steht ein wunderbares Instrumentarium an Service, Workshopangeboten, Informationsaustausch, der Sammlung und der Vernetzung allen zur Verfügung, die sich um die Pflege des Neuen Geistlichen Liedes intensiver kümmern wollen.
*Bundesfachtagung Neues Geistliches Lied; unter dem Dach der Arbeitsstelle für Jugendseelsorge und musisch-kultureller Bildung (afj), geleitet von Dr. Peter Hahnen, 2008 in Vierzehnheiligen.