Ebermannstadt. Was erwartet uns, wenn wir uns für ein Wochenende auf zur „Burg Feuerstein“ machen? Denkt jemand an Fred F. oder gar an Dinosaurier? Falsch! T. Rex und Jurassic Park sind zwar interessant, aber wir wollen uns mit einem anderen aktuellen Thema beschäftigen: Neues Geistliches Lied (= NGL – ist das nicht ein dino-mäßiger Ausdruck?)
Vom 3.3. bis 5.3.95 fand auf der Burg Feuerstein (liegt in der Nähe von Ebermannstadt) die 7. überdiözesane Fachtagung „Neues Geistliches Lied“ statt. Veranstaltet wird dieses jährliche Treffen vom Jugendhaus Düsseldorf unter der Leitung von Andreas Büsch.
Dort kommen Verantwortliche für den Bereich NGL aus den Diözesen, Komponisten und Texter, Musikschaffende und -machende sowie ehrenamtliche MitarbeiterInnen und Interessierte zusammen. Dieses Treffen dient neben dem Erfahrungs- und Gedankenaustausch auch der Vorstellung von neuen Liedern, Produktionen, Publikationen usw. Ein Schwerpunkt lag auf der Bearbeitung von einigen Thesen zum NGL, die in drei Arbeitsgruppen intensiv diskutiert wurden.
Ferner kam auch das persönliche Gespräch nicht zu kurz und daß bis tief in die Nacht musiziert wurde, versteht sich von selbst. Krönender Abschluß war ein Gottesdienst mit neuen geistlichen Liedern am Sonntagmorgen.
Die Thesen behandelten die Einbindung des NGL in die Liturgie, das Verhältnis von Kirchenmusikern zum NGL bzw. die Beziehung zwischen hauptamtlichen Musikern und Bands bzw. Chören, wobei die einen mit einer jahrelangen Ausbildung ausgestattet sind und die anderen meist ohne professionelle Schulung Musik machen.
Bei dieser Tagung zeigte sich einmal mehr, daß viele Mitarbeiter in den Diözesen, die sich für das NGL einsetzen, ehrenamtlich oder in ihrer Freizeit auf diesem Gebiet arbeiten, da dafür im Dienstplan, wenn überhaupt, nur einige Wochenstunden vorgesehen sind. Oft ist es nur ein Anhängsel, das ein z.B. für Liturgie und Ministranten zuständiger Referent zusätzlich zu seinem ausgefüllten Tagesprogramm mit auf die Visitenkarte bekommt.
Ohne das Interesse und Engagement von Arbeitskreisen und einzelner Personen sähe es in der ‘Amtskirche’ in diesem Bereich ganz schön düster aus!
Betrachtet man die diözesanen Aktivitäten in Sachen NGL, so reicht die Palette von völliger Fehlanzeige über zaghafte Anfänge (oder Pseudostellen) im Umfang von z.B. zwei Stunden pro Monat bis hin zu einigen gut funktionierenden, hauptamtlich abgesicherten Arbeitsmöglichkeiten. Auch die Ausstattung mit Mitteln, um z.B. Rundbriefe oder Infos zu erstellen und zu versenden oder Notenmaterial anzuschaffen usw., ist meist viel zu gering oder gar nicht vorhanden.
Hinzu kommt das Desinteresse oder gar die Abwehrhaltung seitens vieler
Kirchenoberen und Kirchenmusikern, wenn es um dieses Thema geht. Diese Situation zieht sich durch alle Ebenen bis herab zu den Gemeinden.
Was die Arbeit an der Basis angeht, haben nicht nur wir in unserer Region mit Problemen zu kämpfen, ähnliche Schwierigkeiten gibt es in allen Teilen unseres Landes. Die Situation der Bands und Chöre in den Gemeinden ist von Ort zu Ort verschieden: Da gibt es Gemeinden, in denen regelmäßig Gottesdienste mit NGL stattfinden, wo Bands und Gruppen auch Unterstützung erfahren und ermutigt werden. Sie stellen dort eine willkommene Bereicherung der Gottesdienste und des gesamten Gemeindelebens dar. Die Unterstützung umfaßt dabei ein weites Feld:
- Gottesdienste werden gemeinsam vorbereitet
- Übungsraum wird zur Verfügung gestellt
- Noten und Liedblätter werden angeschafft
- Fortbildungsmaßnahmen werden gefördert
- Instrumente, Verstärker oder Anlagen werden bezuschußt oder sogar zur Verfügung gestellt
In anderen Gemeinden wiederum sind die Gruppen nur geduldet oder werden argwöhnisch beäugt. Sie müssen betteln, um endlich mal wieder einen Jugendgottesdienst gestalten zu dürfen und nehmen dafür viel Arbeit, Ärger und Probleme in Kauf. Sie lassen sich bestimmte Lieder oder Texte vorschreiben oder bekommen eine Liste von Liedern, die in dieser Gemeinde nicht gesungen werden dürfen. Manchmal müssen sie sich auch mit kurzfristigen Änderungen, wie z.B. Liedstreichungen kurz vor oder sogar während des Gottesdienstes abfinden. Es gibt sogar Bands, die zwar in den umliegenden Orten auftreten, aber in ihrer eigenen Gemeinde nicht willkommen sind.
Hier ist dann der Punkt erreicht, an dem man sich die Frage stellt: Warum machen sie trotzdem weiter? Es gehört viel Kraft und Überzeugung dazu, nicht einfach alles hinzuschmeißen und die Kirche Kirche sein zu lassen. Bei dem Satz „Um Gottes Willen, so eine Musik kommt bei uns nicht in Frage!“ stellt sich tatsächlich die Frage, was denn „in Gottes Willen“ geschieht?
Trotz mancher Ernüchterung sind wir mit dem Gefühl heimgefahren, daß wir nicht alleine mit unseren Problemen sind und andere schon viel erreichen konnten. Das hat uns ermutigt, uns weiter für das NGL einzusetzen, so daß wir hoffentlich im nächsten Jahr eine erfolgreiche Bilanz ziehen können.
Auf daß der Funke von dem „Feuerstein“ auf uns und Euch alle überspringt und zu einem großen, hellen (Musik)-Feuer-(Werk) wird…
Als Vertreter
von Musica e Vita waren zu der Fachtagung delegiert: Jürgen Zach, Jochen Achhammer und Gerhard Hany.
Das Konzept von MeV überzeugte und wurde mit großem Interesse aufgenommen. Bei der Schlußdebatte wurde sogar in den Raum gestellt, ob eine Loslösung von den bisherigen Strukturen und eine Neukonzipierung im Stile von MeV auf Bundesebene überlegt werden sollte, um vorhandene unüberbrückbare Probleme lösen zu können.