Der heutige Workshop gehört ganz der Aussprache – wichtig und zugleich unerläßlich für Leute, die NGL machen. Da Kirchenräume akustische Problemräume darstellen, bedarf es einer sehr exakten Akzentuierung. Besonders dann, wenn mehrstimmig und gegen Instrumente angesungen wird. Ich habe Euch hier ein paar Übungen zusammengestellt, die allesamt im ‚kleinen Hey‘ erschienen sind. Der ‚kleine Hey‘ ist DAS Buch für Sprecherziehung.
Um die Jahrhundertwende herum schrieb Hey ein dreibändiges Werk ‚Deutscher Gesangsunterricht‘. Da steht wirklich alles drin, was die Aussprache etc. betrifft Fritz Reusch hat daraus eine kleine Ausgabe gemacht, die die Regeln und Übungen für die richtige Sprecherziehung beinhaltet. Es ist übrigens das Standardwerk für alle Theaterleute.
Die Übungen sind jeweils für einen Buchstaben (im ‚kleinen Hey‘ hat jeder Buchstabe solche Üungsgedichte). Und jetzt gehts los: Übungen laut sprechen, exakt sprechen, oft sprechen. Ciao.
Vokal A Was hallt am Waldbach da? Jagdklang schallt nah: Trara!
Vokal Ä Verächtlich schlecht der Knecht sich rächte, der nächtlich nächst dem Pächter zechte.
Vokal E Es streben der Seele Gebete den helfenden Engeln entgegen.
Vokal I Wird sie mit ihrer Liebe sich schließlich nicht verwirren?
Vokal O Oben thront der Nonnen Kloster, loben Gott vor Morgenrot.
Vokal Ö Klöster krönen öde Höhen, hör‘ der Mönche Chöre tönen.
Vokal Ü Wüste Locken, trübe Gründe, düst’re, grüngeschückte Schlünde.
Vokal U Und durch zukunftsdunklen Mund wurde Brutus‘ Schuld nun kund.
Doppellaut EI Der Mai treibt weiße Zweigelein – Kein eis’ger Reif im weiten Hain.
Doppellaut AU Kraut und Trauben zu verkaufen – laufen aufwärts schlaue Bauern
Doppellaut EU Heulsturm beuget Bäume, streut das Heu, verscheucht die Leute.
Gemischt:
Ein leuchtender Tau weilt heut auf der Au
Der Eichbaum beut Rast,
sein Laub beugt den Ast.
Ein säuselnder Hauch streift leise Euch auch.
Immer dran denken: Wir benutzen unsere ‚künstliche‘ Musiksprache auch, um mit ihr lautzumalen. Also: Laßt mit Euren Wörten Bilder entstehen, zeigt den Zuhörern die Ausdruckskraft der Texte, bringt die Worte zum Klingen und Blühen.
Eine Empfehlung am Rande. Vielen Teilnehmern an MeV-Workshops ist er ein Begriff – und nicht nur deswegen sind seine Workshops immer übervoll. Gemeint ist Robert Göstl. Und der hat nun sein Wissen für die ‚persönlichkeitsbildende Chorarbeit mit Kindern‘ in einem Buch zusammengefaßt.
‚Motivieren statt dozieren‘ ist das Motto, und der Autor gibt dazu jede Menge technischer Tricks zu Organisation, Stimmbildung, Literaturauswahl, Motivation der Kinderchorarbeit, inhaltliche Gestaltung und Ausdrucksschulung.
Er wendet sich damit an alle, die mit Kindern singen. Ein kompetentes Buch, das mit zahlreichen Abbildungen und Notenbeispielen leicht und verständlich zu lesen ist, dabei aber jede Menge an Information und Wissen vermittelt.
Sehr empfehlenswert! Und dann noch ein Workshop mit Robert Göstl live – natürlich bei MeV
Literatur:
Göstl, Robert: Singen mit Kindern, ConBrio, Regensburg 1996.
Hofbauer, Kurt: Praxis der chorischen Stimmbildung, Schott, Mainz 1978.
Layer, Wolfgang: Singen im Chor, Singruppe und Solo, Falken, Niedernhausen 1994.
Martinßen-Lohmann, Franziska: Ausbildung der Gesangsstimme, Erdmann, Wiesbaden 1957.
Riesch, Anneliese: Lebendige Stimme, Stimmbildung für Sprache und Gesang, Schott, Mainz 1972.
Reusch, Fritz: Der kleine Hey – die Kunst des Sprechens, Schott, Mainz 1971.